#4 Kurz zur Bewaffnung der Bevölkerung

Wir wollen die Stimmung der ukrainischen Linken zum Krieg in der Ukraine hörbar machen. Deshalb haben wir uns entschieden, Texte der ukrainischen Gruppe RFU Media zur aktuellen Lage ins Deutsche zu übersetzen. Wir haben nicht den Anspruch, dass die Texte immer zu 100% unsere Meinung wiedergeben, aber finden es wichtig, dass diese Positionen im Diskurs der radikalen Linken in Deutschland Gehör finden.

Übersetzt aus dem Russischen | _rfu_media_
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Kurz zur Bewaffnung der Bevölkerung
Eine weitere heimtückische Masche ist die unkontrollierte Verteilung von Waffen. Am 24. Februar wurde eine Erklärung vom Verteidigungsminister O.Y. Reznikow veröffentlicht. Reznikows Aussage, dass Waffen gegen Vorlage eines Passes ausgegeben werden. Sie [die Ukrainischen Bürger] brauchen keine Bescheinigung über das Vorstrafenregister vorzulegen, Herr Minister? . 10.000 Waffen wurden allein in Kiew verteilt. Und hier ist ein Videobericht darüber, wie alles passiert ist , auf dem Video sieht man  wie darüber berichtet wird, dass keine gründliche Überprüfung der Dokumente derjenigen, die die Waffe erhalten stattfindet.  Natürlich haben die Möglichkeit, sich Waffen zu beschaffen nicht so sehr interessierte ihr Land zu verteidigen genutzt, sondern eine Vielzahl von kriminellen Elementen. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Die sozialen Netzwerke sind voll mit Videos von Menschen in Kiew, die von ihren Fenstern aus Schießereien unbekannter bewaffneter Männer auf der Straße mit anderen Gleichgesinnten aufnehmen. Die Beiträge der Nationalisten darüber, wie man Saboteure richtig fangen kann, heizen die Stimmung zusätzlich an. Yevhen Karas schlägt vor, dass jeder, der nicht in der Lage ist, „palyanitsa“ richtig auszusprechen , eine Methode, die so zuverlässig und sicher sei, wie ein schweizer Uhrwerk, als russischer Saboteur betrachtet werden sollte. [Bezieht sich auf ein ukrainisches Wort für Brot, das einem rassistischen Mythos nach nur Ukrainer:innen richtig aussprechen können] In Odessa wurde die Massenjagd auf Saboteure durch das Versprechen einer Belohnung in bar und durch panische Berichte, dass die Saboteure im Voraus geschickt wurden und in Mietwohnungen leben, angestachelt. Hier wird vorgeschlagen, Leute gefangen zu nehmen, „die wie Russen aussehen“. Es wäre interessant zu wissen, nach welchen Kriterien diese Ähnlichkeit bestimmt wird. Die Folgen ließen natürlich nicht lange auf sich warten: Seit zwei Tagen werden Saboteure in Odessa gesucht. Die Odessaner, vondenen die meisten die ukrainische Sprache nicht sehr gut beherrschen, haben große Angst, bei der von Karas vorgeschlagenen Prüfung durchzufallen und als „Saboteure“ zu gelten.Und wenn man bedenkt, dass laut Generalstaatsanwaltschaft: „Militärangehörige, die den Wunsch geäußert haben, das Land zu verteidigen, aus dem Gefängnis entlassen werden“  und sich unter ihnen für das ganze Land berüchtigte Personen befinden, dann brauchen wir keinen Krieg, damit friedliche ukrainische Zivilisten auf den Straßen der Städte sterben. Ich hoffe inständig, dass es sich um russische Propagandafälschungen handelt. Die Behörden können doch keine Mörder und Vergewaltiger aus den Gefängnissen entlassen und sie bewaffnen. Oder doch?
Aber das ist nicht die ganze Liste des heutigen Wahnsinns. Der Ruf nach der Herstellung von „Molotow-Cocktails“ zur Bekämpfung feindlicher Ausrüstung wird immer lauter. Der Bürgermeister von Lviv Sadowyj schlägt kreativ vor, sie „Bandera-Smoothies“ zu nennen. Auch in Odessa gibt es jetzt Initiatoren. Ich möchte diejenigen, die diese Initiative verbreiten, fragen: Wie lange wird ein junger Patriot mit einer Flasche mit brennbarem Gemisch überleben, wenn er versucht, sie auf einen vorbeifahrenden Konvoi zu werfen? Welchen realen Schaden würde eine solche Kampfmethode bei einem modernen Panzer anrichten? Die feindlichen Panzer werden unversehrt bleiben, aber unsere Propagandisten werden sich ein Bild von den Gräueltaten der Besatzer machen. Das Schlimmste ist, dass die Mehrheit der Jugendlichen, die von der nationalistischen Propaganda betäubt sind, auf diese Appelle reagieren. In den nationalistischen Teilrepubliken Odessas wird die Nachricht über den jungen Helden, der die feindlichen Saboteure ausgeschaltet hat, aktiv verbreitet.  Wenn wir nach historischen Analogien suchen, erinnere ich mich aus irgendeinem Grund immer an das Frühjahr 45 in Deutschland: junge Mitglieder der Hitlerjugend und alte Männer, die bewaffnet waren und losgeschickt wurden, um die Panzer aufzuhalten – es gab fast keine Chance, diese Aktion zu überleben. Im Gegensatz zu heute haben die Deutschen damals ihre Selbstmordattentäter nicht mit Molotow-Cocktails, sondern mit Panzerfäusten bewaffnet – vor diesem Hintergrund wirken die Forderungen unserer Regierung noch zynischer und absurder. Aber die Zeit war damals anders, und es waren die Nazis, die das taten; heute ist es anders, nicht wahr? Tatsache ist, dass wir eine Regierung haben, die die Bevölkerung zu einem sinnlosen und absurden Tod auffordert, eine Regierung, die einen Spionagewahn kultiviert, eine Regierung, die nicht in der Lage war, die Verteilung von Waffen an Freiwillige kompetent zu organisieren, und die nun, da sie unter dem Mangel an Waffen
leidet, bereit ist, Unbewaffnete zum sicheren Tod zu verurteilen. Wie soll man eine solche Regierung bezeichnen, und ist sie das Vertrauen wert, das ihr von den Bürgern erneut entgegengebracht wird? Die Fragen sind eher rhetorisch, aber vielen täte es gut, darüber nachzudenken.